Seeing Voices
Österreich, 2016, 93 min. Colour, DCP
Sprache: deutsch, Österreichische Gebärdensprache
Untertitel: deutsche, englische
Regie: Dariusz Kowalski
Produktion: Oliver Neumann, Sabine Moser
Kamera: Martin Putz
Schnitt: Dieter Pichler
Ton: Atanas Tcholakov, David Almeida Ribeiro, Stefan Rosensprung, Tong Zhang, Klaus Kellermann
Produktion: http://www.freibeuterfilm.com/
Verleih: https://www.filmladen.at/
Verleih international: http://www.taskovskifilms.com/
Preise:
2018 Int. Deaf Film Festival Shanghai – Silent Magnolia Award for
Best Film
2017 Special Mention – Festival International Jean Rouch
2017 Prize of the Public to the Best International Feature Film –
Festival de Cine de Madrid
2017 Ehren-Ribbon für den besonderen Einsatz für die
Gebärdensprache und die Gehörlosenkultur in Österreich
Festivals:
DOK Leipzig Germany Leipzig, Nov.2016
One World International HRDFF Czech Republic Prague, März 2017
Diagonale – Festival des österreichischen Films, Graz März 2017
Crossing Europe Filmfestival Linz, April 2017
FILMKUNSTFEST Mecklenburg-Vorpommern, Germany Schwerin, Mai 2017
DOK.fest Munich Germany Munich, Mai 2017
FICDH – Festival Internacional de Cine de Derechos Humanos,
Argentina Buenos Aires, Jun. 2017
Douarnenez Film Festival France Douarnenez, Aug. 2017
National Ass. of the Deaf Baden-Württemberg e.V. Germany Stuttgart,
Sep. 2017
Bergen International Film Festival Norway Bergen, Sep. 2017
Festival Cine Madrid Spain Madrid, Okt. 2017
Jean Rouch International Film Festival France Paris, Nov. 2017
EU Human Rights Film Days Turkey, Four cities, Dez.2017
Watch Docs – The International Film Festival Poland, Dez.2017
Docu.emme, Italy Merano, Feb. 2018
Trento Film Festival, Italy Trento, Apr. 2017
Seoul Human Rights Film Festival, South Korea Soeul, May. 2018
Accessible Film Festival Turkey, Istanbul, Ankara, Eskisehir, Okt.2018
Jean Rouch International Film Festival/Jean Rouch ‚on tour‘, France Paris, 2018
Int. Deaf Film Festival, China Shanghai, 2018
Kino Start, Votiv Kino Wien, April 2017
Seeing Voices DVD Release in der Edition Filmladen. Ab sofort bei
diversen Händlern sowie im Falter Onlineshop.
Kurzsynopsis:
Die ProtagonistInnen in SEEING VOICES sind zwar gehörlos, aber ohne Worte sind sie deshalb wahrlich nicht: Die Gebärdensprache birgt ein Paralleluniversum voller Ausdruckskraft und Magie, das den meisten Hörenden unerschlossen bleibt. Ayse, Helene und die gehörlosen Mitglieder der Familie Hager vermissen weder Musik noch das Zwitschern der Vögel, schließlich haben sie es nie gehört, sehr wohl aber das Recht auf ihre Muttersprache. Diesen schmalen Grat zwischen der hörenden und der gehörlosen Welt meistern sie alle auf völlig unterschiedliche Weise – aber keineswegs leise.
Langsynopsis:
Eine Politikerin hält einen Vortrag, das Publikum applaudiert.
Jugendliche tanzen in der Disco.
Ein Geburtstagkind bekommt ein Ständchen gesungen.
Gemeinsam haben alle, das sie gehörlos sind – Moment mal, geht das denn überhaupt? Vortrag halten, klatschen, singen, tanzen?
Und wie! Für Applaus gibt es in der Gebärdensprache eine eigene Gebärde. Musik erschließt sich den Tanzenden in der Disco über den Rhythmus, den sie spüren. Sogar „Happy Birthday“ singen kann man in Gebärdensprache. Und sie spüren die Schwingungen einer Gitarre, wenn sie die Hand darauf legen, sogar der singenden Stimme, wenn sie die Hand auf den Brustkorb der Sängerin legen.
Wenn gehörlose Menschen untereinander sind, fehlt es ihnen an nichts. Nur die Hörenden scheinen das manchmal nicht so recht zu glauben. So auch die Ärzte der Familie Hager – Vater, Mutter und Sohn gehörlos, Tochter hörend. Der neugeborene Emil hat die Gehörtests nicht bestanden und den Eltern wird zu einem sogenannten Cochlea-Implantat geraten, ein chirurgischer Eingriff am Gehirn, der dieses „Defizit“ vielleicht beheben könnte. Doch Barbara Hager möchte, dass sich ihr Kind zu allererst mit seiner Gehörlosenidentität wohlzufühlen lernt.
Barbara Hager weiß, wovon sie spricht: Sie hat ihre Diplomarbeit über das Identitätsverständnis von Gehörlosen geschrieben und hält auch Vorträge an der Universität. „Die medizinische Perspektive trägt wenig dazu bei“, gebärdet sie. Das versucht auch die gehörlose Politikerin Helene Jarmer bei einer Veranstaltung im Parlament klarzumachen: „Meine Identität kann man nicht wegoperieren.“ Denn Gehörlose haben keinerlei persönliches Defizit. Höchstens ein Bildungsdefizit: Denn von 10.000 gehörbeeinträchtigten Menschen in Österreich haben nur 50 die Matura. Mit der Bereitstellung von genügend geeigneten Mitteln, um dieses Bildungsdefizit zu beheben, ließen sich deutlich höhere Folgekosten an Beihilfen senken. Unter anderem dafür kämpft Helene Jarmer im Parlament – gehörlos, aber niemals lautlos.
Ayse ist Teil der jungen Generation, die die Früchte der Arbeit von Helene Jarmer und ihren MitstreiterInnen bereits ernten können: Nach einem Berufsvorbereitungskurs unter Gehörlosen beginnt sie eine Lehre in einem Schneiderbetrieb – gemeinsam mit Hörenden. Auf den ersten Blick ist Ayse wie viele andere Jugendliche in ihrem Alter, sie kichert viel, weil ihr ganz viel peinlich ist. Doch ihre Trainerin erklärt, dass damit ein unter jungen Gehörlosen verbreitetes Identitätsproblem verbunden ist: „Sie tut oft nur so, als ob sie etwas verstanden hätte, weil es ihr einfach peinlich ist. Sie haben das so stark im System drinnen!“
Doch die Zeichen stehen gut, dass mit dem beruflichen Selbstverständnis von Ayse auch ein Selbstbewusstsein in Bezug auf ihre Gehörlosigkeit einhergehen wird. Die Hagers oder Helene Jarmer haben diesen Identitätsfindungsprozess – auf völlig unterschiedliche Weise – bereits durchlaufen. Hoffnung gibt es auch auf der politischen Ebene: Österreich ist immerhin einer von nur vier europäischen Staaten, in denen die Gebärdensprache bereits in der Verfassung anerkannt wurde.
Text: Paul Ertl (©Filmladen)







