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Pixel


Es gibt keine ihrem Wesen nach digitale Erfahrung, die keine Simulation wäre. Nichts relativiert die zeitliche und räumliche Gestalt von Kunst so sehr wie der digitale Code. Digitale Bilder sind immer Simulation und damit mehr Prozess denn konkrete Gegebenheit. Die stete Formenwandlung ist dem binären Bild und Ton eingeschrieben und absolut. Die Wandelbarkeit von Form und Gestalt im Digitalen ist so ausgefeilt und vielfältig, da die Prozesse innerhalb der weltumspannenden elektronischen Netze von vielen Menschen bereits für einen Ausdruck nicht-organischen Lebens gehalten werden.
Für den kanadischen Autor und Essayist Ollivier Dyens zeichnen sich diese Prozesse des organlosen Kulturkörpers durch klassiche biologische (Über-) Lebensstrategien aus. Wie bei organischen Zellen ist der Erfolg dieser kulturellen Meme von der Effizienz ihrer Reproduktion, dem Grad ihrer Dissemination und von ihrer Fähigkeit zur Infektion bestimmt. Das würde bedeuten, dass die ideale Form der digitalen Kunst die virale und nichthumane wäre.
Der Bildschirm ist längst zu einem Ort der Infektion geworden, wie insgesamt Computersysteme zu einer aggresiven Grenzenlosigkeit neigen. In ihrer reinsten Form, dem Microchip, weiten sie ihr verflochtenes Komplexitätsfeld in alle nur erdenklichen elektronischen Alltagsgeräte hinein aus. Die Pollution unserer maschinellen Gerätschaften mit binärem Code ist nicht mehr aufzuhalten. Als Folge davon unterwirft sich auch die Kunst zwangsläufig einer nichtbiologischen Evolution, die weniger von Menschen als von intelligenten Algorithmen und Maschinen gesteuert und erfahren wird. Genauso ändern sich als Konsequenz davon, nachhaltig die Rahmenbedingungen für die künstlerische Produktion. Es ist ein radikaler Kunstansatz, der seine kulturelle Kraft aus der Ambiguität von Menschmaschinen und Maschinenmenschen schöpft, indem die Kunst die perfekte Maschine schafft, die über die Intentionsfähigkeit des Menschen verfügt.
Mit seiner Arbeit “PIXEL” folgt Dariusz Kowalski konsequent dieser Idee. PIXEL ist eine Rauminstallation, die einzig und allein vom “Gestaltungswillen” der Maschine lebt. Dem Algorithmus, über den sich zwei miteinander vernetzte Computer koordinieren um in einem endlosen binären Spiel, über die Manipulation eines einzigen Bildpunktes (Pixles), ihre Bild- und Tonsprache autonom zu inszenieren. Mit der vollkommenen Auslagerung der künstlerischen Intention an die Maschine, wird der Künstler so zum organlosen Körper, dem perfekten Menschen, der sich die Intentionslosigkeit der Maschine zu eigen macht.
Text by Tom Fürstner